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Die Vermessungsarbeiten im Bereich der Bau- und Ingenieurvermessung unterscheiden sich in gravierender Weise von den Tätigkeiten im Bereich der Landesvermessung oder des Katasterwesens, die i.d.R. zu hoheitlichen Aufgaben eines Staates gehören. Sie sind das facettenreichste Aufgabengebiet innerhalb der Geodäsie.
Unter der Bau- und Ingenieurvermessung (oder auch Ingenieurgeodäsie als einen Teil der Angewandten Geodäsie) versteht man vermessungstechnische Tätigkeiten und Leistungen in Zusammenhang mit der Planung, der Bauausführung und der späteren Überwachung von technischen Objekten (z.B. Maschinen- und Anlagenbau, Autoindustrie) und Bauwerken, sowie der Überwachung natürlicher Objekte (z.B. instabile Rutschhänge). Man spricht in diesem Zusammenhang auch von bauvorbereitenden, baubegleitenden und Überwachungsmessungen.

Als Bauvermessung bezeichnet man i.d.R. einfachere vermessungstechnische Tätigkeiten bei der Bauvorbereitung und Ausführung, wie. z.B. einfacheres Abstecken von Baukörpern für den Erdaushub, Einschneiden von Schnurgerüsten oder Nivellementarbeiten zur Geländeplanierung, die keine sehr hohe Präzision oder komplizierte Verfahren verlangen und oft von Vermessungstechnikern oder gar nur von Bauleuten mit einfachen Geräten ausgeführt werden können.

Im Gegensatz dazu ist die Ingenieurvermessung eine Vermessungstätigkeit, die i.d.R. von ausgebildeten Vermessungsingenieuren wahrgenommen wird und ein hohes Maß an Präzision, die Anwendung von komplizierteren Meß- und Berechnungsverfahren sowie ein entsprechendes Wissen, Know-How und Instrumentarium erfordert. Manchmal liegt die geforderte Genauigkeit der Absteckungen oder Kontrollmessungen sogar im Submilimeterbereich, z.B. bei bestimmten präzisen Industrieanlagen.
Die Ingenieurgeodäsie steht in ihrem Tätigkeitsfeld stets in engem Kontakt zu Nachbardisziplinen wie Geologie oder Bau- und Maschinenwesen. Nahezu alle Aufgaben der Ingenieurgeodäsie lassen sich auf die Bestimmung geometrischer Größen (Position, Form, Dimension) bzw. deren zeitliche Veränderungen (z.B. Setzungs- oder Deformationsmessungen) zurückführen. Dies wird in der Regel durch die Vermessung einzelner, aber auch flächenhaft verteilter Messpunkte erreicht. Neben den Verrmessungstätigkeiten gehört zum Tätigkeitsfeld der Ingenieurvermessung auch die Planung, die Modellierung der Messgrößen und deren Auswertungen z.B. mit Hilfe der Ausgleichungsrechnung.

Die Ingenieurvermessung blickt auf eine Tradition, die bis in die Antike zurückreicht. Alle herausragenden Hochkulturen, wie z.B. die Ägypter, die Griechen und später die Römer bedienten sich vermessungstechnischer Methoden, um ihren Großbauwerken Form, Standsicherheit und Funktionalität zu sichern. Die bekanntesten Beispiele sind die ägyptischen Pyramiden, die griechischen Tempeln oder die römischen Aquädukte, Straßen und Brücken. Die Römer haben auch spezielle Geräte für ihre vermessungstechnischen Arbeiten entwickelt, wie z.B. Groma (zur Absteckung rechter Winkel) oder Chorobates (zum Nivellieren).
Auch später wurden bei der Errichtung von baulichen Anlagen immer wieder Ingenieurvermesser benötigt. Die ungarische Briefmarke zeigt den mittelalterlichen Fürst Geza, der im Jahre 972 die Lage der Stadt Székesfehérvár als erster ungarischen Hauptstadt festlegt. Daneben ist ein zeitgenossischer Geometer mit einem Feldzirkel (Klafterzirkel) zu sehen, der zur Vermessung von Strecken durch Umschlagen des Zirkels diente.

1000 Jahre Gründung der Stadt Szekesfehervar (Ungarn [1972], Mi 2782)

Auf der norwegischen Briefmarke sind die Bauarbeiten an einer militärischen Festungsanlage dargestellt und dabei auch ein Vermesser an einem Instrument bei Absteckungsarbeiten zu sehen:

Bau einer historischen Festungsanlage (Norwegen [1988], Mi 992)

Ein wichtiger Einsatzbereich der Bau- und Ingenieurvermessung ist der Verkehrswegebau, insb. Straßenbau, als ein umfassender Teilbereich des Tiefbaus. Dazu gehört die Geländeaufnahme für die Planung (Trassierung) und Höhenmessungen für die Erstellung der Längs- und Querprofile der Trasse zur Berechnung der Erdbewegungen (Planierung der Trasse), Absteckung von Geraden, Kreisbögen, Übergangsbögen, Absteckung und Aufmessung der Fahrbahn und der straßenbegleitenden Anlagen, etc.
Die nachfolgenden Briefmarken zeigen Vermessungstrupps (militärische /aus Niger/ und zivile) mit Instrumenten im Bereich von Straßenbaustellen:

Armee im Dienst der Entwicklung (Niger [1983], Mi 843)

9. Jahrestag der Volksrepublik - wirtschaftlicher Fortschritt (Laos [1984], Mi 797?)

2. Jahrestag der Revolution (Nicaragua [1981], Mi 2191?)

Auf der Briefmarke, die dem Bau der Autobahn Beograd-Zagreb gewidmet ist, ist neben einer Frau mit Fluchtstab im Hintergrund ein Vermessungstrupp am Meßtisch zu sehen:

Bau der Autostraße Beograd - Zagreb (Jugoslawien [1950], Mi 598)

Straßenbau (Luxemburg [1935], Mi... )

Straßenbau - 200 Jahre Zentrale Straßenverwaltung in Polen (Polen [2019], Mi... )

Verkehrssicherheitsmanagement (Kuba [2016], Mi... )

Neben Straßenbau ist auch der Ausbau von Leitungsnetzen der Versorgungs- und Entsorgungsleitungen (z.B. Kanalisation, Wasser- und Stromleitungen, Gasleitungen etc) ohne Beteiligung von Vermessern nicht denkbar. Die Briefmarke der kleinen Südpazifikinsel Niuafo'ou (Tin Can Island), die zum Königreich Tonga gehört, zeigt einen Vermessungstrupp bei Vermessungsarbeiten bei der Verlegung von Rohrleitungen entlang eines Weges:

Ameripex 86 (Niuafo'ou (Tonga) [1984], Mi 83)

Zum Bereich des Tiefbaus gehört neben dem Straßenbau u.a. auch der Eisenbahnbau. Auch hierbei sind Ingeniervermessungen unumgänglich, um neue Eisenbahnstrecken bauen zu können und bestehende durch Kontrollmessungen zu überwachen. Bei allen Gemeinsamkeiten mit anderen Gegenständen der Ingenieurvermessung weisen Gleise jedoch Besonderheiten auf, die spezielle Meßverfahren und Techniken erfordern.
Der chinesische Briefmarkenblock, der der Fertigstellung der Bahnstrecke Quinghai-Tibet gewidmet ist, würdigt in der Abbildung auch die Leistung der Vermessungstrupps beim Bau dieser für China wichtigen Bahnverbindung:

Bahnstrecke Quinghai-Tibet (China [2001], MiBl 103)

Die nafolgende Briefmarke zeigt den nordkoreanischen Machthaber Kim Il Sung inmitten eines Eisenbahnbau-Vermessungstrups in Haeju-Hasong. Neben den Gleisen ist ein Vermessungsinstrument auf dem Stativ zu sehen:

60. Geburtstag des Führers Kim Il Sung (Nordkorea [1972], Mi 1087)

20 Jahre Nationaldienst (Algerien [1989], Mi 995)

Auch der Tunnelbau und der Bau von U-Bahn-Schächten gehört zum Tiefbau. Die Vermessungsarbeiten dabei erfordern ein sehr hohes Maß an Präzision. Zu den Aufgaben der Ingenieurvermessung bei diesen Arbeiten gehören u.a. die Übertragungen von Richtungen und Höhen, Vortriebsvermessung, Profilkontrollen, oder vermessungstechnische Betreuung des Innenausbaus. Die nachfolgende Briefmarke ist dem Bau des Prager Metro gewidmet:

XVI. Parteitag der KSC (Tschechoslowakei [1983], Mi 2730)

Die costaricanische Briefmarke zeigt Vermessungsfachleute beim Tunnelbau:

60 Jahre des Energie- und Telekommunikationsunternehmens ICE (Costa Rica [2009], Mi )

Teilweise verwandt mit den Arbeiten beim Tunnelbau (z.B. für die U-Bahn) sind auch Vermessungsarbeiten beim Bergbau, obwohl dieser Bereich zu einem vollkommen anderen Teilbereich der Geodäsie - dem Markscheidewesen - gehört. Der polnische Sonderstempel zeigt einen Theodoliten und eine Zieltafel in einem unterirdischen Stollen.

8. Woche der Technik des Rybniker Bergbaubezirks - ROW (Polen [1982])

Ein zweiter großer Einsatzbereich der Bau- und Ingenieurvermessung ist der Hochbau. Dazu zählt die vermessungstechnische Betreuung von Baustellen der Wohn- und Büroebäude aber auch von Gewerbeobjekten, Fabrikgebäuden, Industrieanlagen etc.

Jugendarbeit bei der Realisierung des Siebenjahrplanes (Sowjetunion [1961], Mi 2569)

FDJ-Initiative Berlin - Großbaustelle der Jugend Berlin-Marzahn (DDR [1979], Mi 2425)

Fünfjahresplan (Ägypten [1965], Mi 270)

Die bolivianischen Streitkräfte - Ingenieure (Bolivien [1962], Mi 683)

Beschlusse des XXII Parteitages der KPdSU - Bauindustrie (Sowjetunion [1962], Mi 2698)

Außerordentlicher Kongreß der nationalen Befreiungsfront (Algerien [1980], Mi 752)

Die vier nachfolgenden sowjetischen Ganzsachen präsentieren Vermessungstrupps im Umfeld von Baustellen und industriellen Anlagen:

Sowjetunion [1979]

Sowjetunion [1966]

Sowjetunion [1966]

Sowjetunion [1966]

Sowjetunion [1981]

Der nachfolgende polnische Sonderstempel von 1977 trägt den Text "Geodätische Betreuung des industriellen Bauwesens":



Den Einsatz der Vermessungsingenieure in der Erdölindustrie illustriert folgende Briefmarke:

17 Jahre Staatliches Erdölunternehmen 'Pertamina' (Indonesien [1974], Mi 797)

Der österreichische Sonderstempel mit dem Motto "Ingenieurvermessung - Dokumentation der Umwelt" zeigt ein Nivellier an einer Tallsperre in den Alpen. Die vermessungstechnische Überwachung der Tallsperen auf Bewegungen und Deformationen ist eine wichtige Dienstleistung der Ingenieurvermessung, die die Sicherheit dieser Bauwerke garantiert:



Markscheidewesen:

Eine ganz besondere Disziplin des Vermessungswesens ist das Markscheidewesen (Bergbauvermessung), das in etwa zwischen Geodäsie, Bergbau und Geologie angesiedelt ist. Markscheider sind die im Bergwerk tätigen Vermessungsingenieure, die alle vermessungstechnischen Aufgaben im Bergbau wahrnehmen - unter Tage, aber auch im Zusammenhang mit dem Bergabau. Neben den klassischen Aufgaben vor allem der Lagerstättenbearbeitung gehört auch die damit verbundene Bergschadenkunde sowie die Betreuung der bergbaulichen Genehmigungsverfahren hinzu. Von Markscheidern werden auch Prognosen über die zu erwartenden Auswirkungen des Abbaus erstellt.
Vermessungstechnische Arbeiten beim Braunkohletagebau: In Gebieten, in denen durch den Kohle- und Braunkohleabbau Bodenbewegungen zu beobachten sind (sog. Bodensenkungsgebiete), sind die Kontrollmessungen (Kontrolle der Höhen- und Lageveränderungen) besonders wichtig.

15 Jahre DDR - Braunkohletagebau (DDR [1964], Mi 1068A)

Am 28.08.1969 fand in Prag ein Internationales Symposium zur Bergbauvermessung (montana geodesia), Geologie und Geometrie statt, dem ein Postsonderstempel gewidmet wurde (ggf. handelt es sich hier auch um den 1. Kongress des ISM (International Society for Mine Surveying), der 1969 in Prag stattfand):