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9. Tag: Mo, 24.11.2003
- San Cristóbal - Aqua Azul - Misol-Ha - Palenque -

Nach einem gemütlichen Frühstück verlassen wir das schöne Hotel Flamboyant Espanol und gehen einige Dutzend Meter zu Fuß bis zur Kathedrale, wo unser Reisebus wartet. Das Gepäck wird mit Jeeps zum Bus gebracht. Heute haben wir ein paar neue Gäste am Bord. Wir nehmen eine andere Reisegruppe mit, deren Bus kaputt gegangen ist. Der Platz im Bus reicht für alle locker aus. Um 8.30 Uhr geht es los Richtung Palenque. Wir verlassen das schöne Städtchen San Cristobal und tauchen wieder in die zerklüftete Gebirgswelt von Meseta Central de Chiapas ein. Heute erwartet uns erneut eine kurvenreiche, ca. 210 km lange Strecke, für die wir etwa 5 Stunden brauchen werden. Wasserfälle Agua Azul
Zunächst fahren wir durch dichte Kiefernwälder, die sich aber häufig auch mit anderen exotischen Laubbaumarten abwechseln. In der üppig grünen Landschaft tauchen manchmal sogar kleinere Felder und Wiesen auf, oder auch viele nur mit Gras bewachsene Hügel. In den unzähligen versteckten Tälern des weitläufigen, schwer durchdringbaren Gebirges von Chiapas werden angeblich viele Drogen angebaut, vor allem die Marihuana. Wegen der verbreiteten Korruption wird wenig dagegen unternommen. Außerdem könnte ein strengeres Vorgehen gegen die Drogenbosse zum Wiederaufleben des Chiapas-Konfliktes führen, meint Markus, denn der Drogenanbau und der Freiheitskampf der Indios seien ziemlich stark miteinander verstrickt.
Am Vormittag herrscht noch ein schönes Wetter. Der Himmel ist zunächst wolkenlos, aber je weiter wir nach Osten kommen, desto mehr Quellwolken zeigen sich. Es ist wohl ziemlich windig, denn die Wolken verschieben sich ziemlich schnell. Zum Teil hängen sie auch sehr tief, so daß sie die Berggipfel gänzlich verhüllen. Man sieht kaum menschliche Siedlungen in den unzugänglichen Bergen. Aber plötzlich bemerken wir vor uns einen über die Straße überspannten Seil und mehrere Leute am Straßenrand. Nur langsam und besorgt nähern wir uns dieser Straßensperre. Es stellt sich aber heraus, daß dies die Bauern aus einem benachbarten Dorf sind, die auf diese - für uns ziemlich gewöhnungsbedürftige - Weise freiwillige Geldspenden sammeln, um einer Dorfabordnung die Fahrt zur Basilika von Guadalupe finanzieren zu können. Ob es wirklich stimmt, weiß ich nicht. Auf jeden Fall steht aber am Straßenrand ein Bildnis der dunkelhäutigen Jungfrau Maria. Einige Kilometer später wiederholt sich diese Prozedur nochmals.
Unser Busfahrer ist unverbesserlich. Obwohl Markus ihm schon einige Male gesagt hat, daß er vorsichtiger fahren soll, rast er weiter durch die engen Kurven, und fährt an die vorausfahrenden Fahrzeuge so nah heran, daß im Falle deren Vollbremsung wir keine Chance hätten, rechzeitig anzuhalten. Der Busfahrer hört jedoch weder auf unseren Reiseleiter noch auf uns. Er meint, er sei der Fahrer und er weiß selbst, wie er zu fahren hat. Von manchen von uns kriegt er dafür aber kein Taschengeld am Ende der Rundreise. Auch Markus ist vorsichtig und hält sich die ganze Fahrt durch die Serpentinen lieber an der Toilette in der Busmitte auf. Alle atmen auf, als die schlimmsten Kurven vorerst vorbei sind und wir ins Tal herunterfahren, in dem das Städtchen Ocosingo liegt - das Zentrum des damaligen Chiapas-Konfliktes. Um 10.45 Uhr legen wir an ein einem Restaurant kurz vor dem Städtchen eine halbstündige Pause an. Das schön auf einem Hang gelegene Restaurant bietet einen guten Ausblick auf das Tal und die Ortschaft. Es ist von einem kleinen Garten umgeben, in dem man verschiedene Tiere (Pfauen, Truthähne, ein Faultier, u.a.) und exotische Pflanzen (u.a. Kaffee) bewundern kann. Ab und zu verdecken große Quellwolken die Sonne, sie werden dann aber schnell vom Wind verjagt, und die Sonne erstrahlt die Landschaft wieder. Wasserfälle Agua Azul
Weiter geht es durch eine immer üppigere und exotischere Landschaft mit vielen unbekannten Baumarten, immer häufigeren Bananenstauden, und nur noch selten einzutreffenden Pinienbäumen. Vor den Hütten der Einheimischen, die jetzt häufiger an der Straße zu sehen sind, erblicken wir hin und wieder große "Teppiche" von Kaffeebohnen, die in der Sonne getrocknet werden. Auch einige Kaffeesträucher sehen wir vom Bus aus. Einige Indianerfamilien, die vor den Hütten stehen, winken unserem vorbeifahrenden Bus freundlich zu. An den Hängen befinden sich jetzt auch manchmal kleine Maisfelder, um im Hinterland wird viel Marihuana angebaut, erzählt uns der Reiseleiter.
Kurz vor 13.00 Uhr erreichen wir die berühmten Wasserfälle von Agua Azul, den Höhepunkt des heutigen Tages. Hier mitten im Dschungel besitzt der Rio Tulija eine Reihe von mehreren unterschiedlich hohen Stufen, die sich über einige Kilometer erstrecken und wohl die malerischste Wasserfallkette Mexikos bilden. Das Wasser schimmert hier normalerweise in türkisfarbenen Schattierungen. Heute, vermutet Markus, ist es jedoch nicht Agua Azul, sondern "Agua Kaffee", denn es hat viel geregnet hier in der letzten Zeit. Wir verlassen den Bus auf dem Parkplatz unterhalb der Wasserfälle und haben jetzt 2 Stunden Freizeit zum Wandern oder Baden. Baden darf man nur an zwei speziell dafür ausgeschilderten Stellen unterhalb oder oberhalb der Stufen. Woanders ist es wegen der vorhandenen starken Unterwasserströmungen sehr lebensgefährlich.
Ich ziehe vor, die malerischen Wasserfälle zu erwandern. Entlang des Flußes führt ein gepflasterter Spazierweg mit mehreren Stufen den Hang hinauf. Parallel dazu gibt es mehrere Restaurants und Souvenirgeschäfte. Kurz nachdem wir den Fluß vom Parkplatz aus erreicht haben, ziehen ziemlich dunkle Wolken auf und die Sonne verschwindet dahinten. Schade, denn jetzt sind auch die Farben des Wassers und der grünen Landschaft an den Ufern nicht so kräftig und satt, wie im Schein der Sonne. Trotzdem sind die zahlreichen Stufen und Becken, die sich dazwischen bilden, sehr sehenswert und interessant. Im mittleren Bereich der Wasserfälle führt ein glitschiger Weg zu einer Felsengruppe fast mitten im Fluß, am Rande einer großen Stufe. Auf dem nassen, rutschigen und vom Wasser geglätteten Felsen stehend, sind wir nur durch eine leichte Umzäunung aus einigen Holzlatten von den reißenden Fluten getrennt. Von hier aus hat man einen besonders schönen Blick herunter auf die Wasserfälle und auf eine vom schäumenden Wasser umschlossene Flußinsel.
Hier herrscht schon, anders als im Gebirge zuvor, ein tropisches Klima und es ist sehr schwül. Dank den warmen Temperaturen und dem ständigen Nass ist auch die Ufervegetation sehr üppig, wie in einem tropischen Regenwald. Zahlreiche Bananenstauden, Rhododendren, verschiedene Lianen auf den Bäumen und viele andere unbekannte Pflanzenarten säumen den Weg. Oberhalb der Wasserfälle befindet sich unweit des Wanderweges ein kleiner Indio-Dorf. Ich beobachte hier ein traditionell bekleidetes Mädchen, das vor dem Dorf auf einem umgefallenen Baumstamm eine Art Arbeitsbrett hat und hierauf irgendwelche Speisen vorbereitet. Die Zeit vergeht im Nu. Ich merke nun erschrocken, daß es schon kurz vor drei ist, und beeile mich jetzt herunter zum auf dem Parkplatz wartenden Bus. Als ich hier pünktlich ankomme, haben sich gerade die meisten Wolken verzogen und die Sonne bestrahlt wieder die Wasserfälle. Leider zu spät für uns. Es ist 15.00 Uhr und wir müssen weiterfahren. Wasserfall Misol-Ha
Auf Vorschlag unseres Reiseleiters ändern wir jetzt etwas das Rundreiseprogramm und machen einen Abstecher zum unweit gelegenen Wasserfall Misol-Ha. Eigentlich war der Besuch dieser weiteren Naturschönheit für morgen im Rahmen eines fakultativen Ausflugs geplant. Aber er liegt sowieso fast auf dem heutigen Weg. Eine Stunde später sind wir auf dem nächsten Parkplatz. Nach einem kurzen Marsch vorbei an verschiedenen exotischen Bäumen und Pflanzen, die wie in einem botanischen Garten ausgeschildert sind, erreichen wir den mächtigen Wasserfall, der auch mitten in der tropischen Selva liegt, aber ganz anders aussieht, als die zuvor besuchten mehrstufigen Agua Azul Wasserfälle. Das Wasser fällt hier aus ca. 30-40 Meter Höhe senkrecht herunter in einen kleinen See, der sich am Fuße des Felsens gebildet hat. Die Luft ist feucht und voll winzig kleiner Wassertröpfchen, die der schwache Wind weitertreibt. Auf einem schmalen, rutschigen Pfad kann man sich von der Seite dem Wasserfall nähern und in einer Felsnische hinter dem Wasservorhang entlang laufen. Von dem spritzenden Wasser wird man dabei aber auch ziemlich naß. Insgesamt ist der Wasserfall Misol-Ha in einer sehr malerischen Szenerie gelegen. Die tropische Pflanzenwelt mit Lianen, Kletterpflanzen und riesigen Bäumen vervollständigt die einzigartige, exotische Regenwaldatmosphäre. Leider ist es schon ein später Nachmittag und die bereits tiefstehende Sonne verschwindet langsam hinter den Bäumen und Hügeln. Und ohne Sonne kommt die Schönheit der Landschaft nicht mehr so gut zur Geltung.
Wir verbringen hier ca. 30 Minuten, dann machen wir uns auf den weiteren Weg nach Palenque, die nicht mehr weit entfernt liegt. Auf dem Weg dahin fallen die ersten Tropfen Regen auf unserer Rundreise. Gegen 17.00 Uhr erblicken wir am Horizont vor uns die unendliche grüne Ebene Yucatans. Kurze Zeit später erreichen wir das Städtchen Palenque, das genau auf der Grenze zwischen dem sanften Gebirge des Altos de Chiapas und der weiten Ebene, am Rande eines tropischen Regenwaldes gelegen ist. Unser Hotel, Mision Palenque, liegt etwas außerhalb des Ortszentrums, inmitten einer weitläufigen, parkähnlichen Anlage. Wir haben jetzt noch genug Zeit, um die Hotelzimmer zu beziehen und uns frisch zu machen, bevor wir um 19.00 Uhr zum gemeinsamen Abendessen treffen, das heute inklusive ist. Das Bufet bietet eine gute Auswahl an. In dem offenen Hotelrestaurant bei lauwarmen Abendtemperaturen sitzend, hören wir die Geräusche des unweit entfernten Dschungels. Vor allem das laute allabendliche Konzert von Grillen und Zikaden liegt in der Luft. Markus erzählt uns, daß manchmal auch Brüllaffen in den Hotelgarten kommen, und vor allem morgens durch ihr lautes Brüllen dafür sorgen, daß niemand verschläft. So verbringen wir bei verschiedenen Gesprächen den Rest des Abends.


10. Tag: Di, 25.11.2003
- Palenque -

Palenque - Tempel der Inschriften, rechts Tempel XIII und XII Heute können wir etwas länger ausschlafen, denn es liegen keine langen Fahrtstrecken vor uns. Stattdessen steht eine sehr interessante ganztägige Besichtigung im Programm - die Ruinen der Stadt Palenque. Trotzdem stehe ich schon um 7.00 Uhr auf. Draußen ist noch ein blauer Himmel zu sehen. Aber als wir um 8.30 Uhr das Hotel verlassen, steigt langsam der Nebel auf und verdeckt die Sonne. Wir fahren jetzt zur archäologischen Zone herauf, die in sanften Hügeln der Altos de Chiapas, am Randes der Selva Lacandona, etwa 10 km von dem heutigen Stadtzentrum entfernt liegt.
Diese ehemalige Maya-Stadt gehört mit ihren bisher entdeckten Palästen, Pyramiden und Tempeln zu den beeindruckendsten Anlagen ganz Mittelamerikas. UNESCO-Weltkulturerbe Und ausgegraben wurden erst ca. 5-10 % der damaligen Stadt! Dieser "Ort des täglichen Todes der Sonne" wurde im 7. Jh. n. Chr. für den Maya-König Pakal (615-683) errichtet, der von seiner Kindheit bis zum Tode im Alter von 68 Jahren hier regierte. Vermutlich im 9. Jh. wurde die Stadt von seinen Bewohnern verlassen und für mehrere Jahrhunderte vom grünen Dschungel geschluckt.
Als wir den höher in den Hügeln gelegenen Parkplatz vor dem Eingang zur Anlage erreichen, ist es schon ziemlich bewölkt. Vor dem Eingang befinden sich zahlreiche Souvenirstände. Hier sehen wir auch einige in lange, weiße Tunken gekleidete Lakandonen - ein in den Regenwäldern von Chiapas im Einklang mit der Natur lebender kleiner Indianerstamm, die von ihnen erstellte Souvenirs anbieten, vor allem Pfeile und Bögen.
Der Weg vom Eingang zu den Tempelruinen führt zunächst durch ein Wäldchen. Nach ca. Hundert Metern erreichen wir eine grüne Lichtung und vor unseren Augen taucht vor der Kulisse eines dichten Dschungels der höchste Tempel von Palenque auf - der Tempel der Inschriften. Die durch den Regenwald ziehenden Nebelwolken verschleiern teilweise die Ruinen und verleihen dem Ort eine gewisse mystische Atmosphäre.
Unsere Besichtigungen beginnen wir an den Tempeln XII und XIII, die rechts auf unserem Weg vor dem Tempel der Inschriften liegen und an ihn angrenzen. Karte der Archäologischen Zone mit Kennzeichnung der Objekte Man kann die Pyramiden bis zu den obenstehenden Tempeln raufklettern. Auf einigen Säulen der Tempel fallen mir ins Auge Verzierrungen in Form von Totenköpfen.
Im Tempel XIII gehen wir durch einen inneren Gang zu einer Kammer, wo 1994 ein Frauengrab entdeckt wurde. Sie trug eine Jademaske und ihr Körper war rot bemalt. Die bisher bedeutendste Entdeckung in Palenque hat aber bereits 1952 im Tempel der Inschriften stattgefunden, den wir heute wegen Renovierungsarbeiten leider nicht betreten dürfen. Unten, im Inneren der Pyramide hat der mexikanische Archäologe Alberto Ruz Lhuillier einen 5 Tonnen schweren steinernen Sarkophag gefunden. In dem Sarg lag der Priester-König Pakal mit einer Totenmaske aus Gold und Jade. Die beste Nachbildung dieses Sarkophags haben wir bereits vorgestern in San Cristobal gesehen. Gegenüber dem Tempel befindet sich in der grünen Lichtung eine kleine Gedenktafel und der Grab von Lhuillier.
Palenque - Blick vom Kreuztempel aus auf den Sonnentempel (links) Jetzt richten wir unsere Schritte zu einem großen Gebäudekomplex direkt vor uns, in der Mitte der Anlage. Dieser Grand Palacio ruht auf einem 100 x 70 m großen Podest und besitzt vier große Innenhöfe. Der Blickfang hier ist aber der 17 m große, rätselhafte sog. astronomische Turm, der von dem Archäologen Lhuillier wiederaufgebaut und überdacht wurde. Man weiß aber nicht, ob er ursprünglich auch tatsächlich so ausgesehen hat. Heute glaubt man auch nicht mehr daran, daß er zu astronomischen Beobachtungen gedient hat; in der direkten Nähe gibt es ja viel höhere Berge. Eher wird eine religiöse Bedeutung als Zentrum und Kreuzungspunkt der vier Himmelsrichtungen, nach denen die Stadt ausgerichtet ist, vermutet.
An mehreren Gebäuden der Palastanlage sind interessante Stuckreliefs mit der Darstellung von Kulthandlungen erhalten. Leider sehen wir auch, wie die Reliefs der fortschreitenden Verwitterung und den schädlichen Umwelteinflüssen unterliegen. Wir steigen jetzt in die "Unterwelt" der Anlage herunter. Durch einige Tunnelgänge gelangen wir in tiefergelegene Räume, wo die Verstorbenen bzw. ihr Hab und Gut nach dem Tod aufbewahrt wurden. Beim Abstieg sehen wir auf einem Relief über einer Tür die Darstellung einer Person beim Eintritt in die Unterwelt. Die kleinen Fensteröffnungen in diesen Räumen besitzen als Symbol der Unterwelt die Form eines umgedrehten "T", im Gegensatz zu oben gelegenen Räumen, deren Fenster die Form von "T", Symbol des Windgottes Ehecatl, besitzen.
Zwischenzeitlich hat sich der Nebel etwas verzogen und ein blauer Himmel zeigt sich über uns. Aber gleichzeitig sehen wir dunkle Regenwolken kommen, so daß sich die Sonne nur ab und zu noch durchsetzt. Nach der Besichtigung einiger Innenhöfe steigen wir vom Gran Palacio im Süden herunter und überqueren über eine kleine Brücke den Otulum River. Hier haben viele Händler ihre Souvenirs auf dem Rasen ausgelegt. Vor allem sind es auf Stoffen gemalte Maya-Motive oder andere Darstellungen, wie z.B. die des Azteken-Kalendersteines oder des Reliefs auf dem Pakal-Sarkophag.
Am Templo del Sol linkerhand vorbei gehen wir nun in den Regenwald herein. Hier wird gerade eine große Pyramide freigelegt. An den Absperrungen stehend sehen wir die Archäologen am Projekt XX arbeiten. In diesem gerade erforschten Tempel XX wurde in diesem Jahr ein neues Grab entdeckt. Es soll erst im Jahre 2004 geöffnet werden, man erwartet aber, daß hier ein prunkvoll bestatteter Herrscher liegt, wahrscheinlich einer der ganz früheren Könige. Die Pyramide soll in den nächsten Monaten dem Publikum zugänglich gemacht werden.
Wir gehen noch tiefer in den Dschungel hinein und sehen auf einem Hang einen weiteren, von der Regenwaldvegetation überwucherten kleinen Tempel (Tempel XIX). Unter einer Dachkonstruktion aus Stroh und Holz sind hier einige Reliefe und Wandmalereien zu sehen. Inzwischen hat es angefangen, etwas zu nieseln. Auf dem Weg zurück ins Zentrum des Ausgrabungsgeländes klettern wir einen glitschigen Hang hinauf zum Kreuzblatttempel (Templo de la Cruz Foliada), gelegen unterhalb eines Berggipfels. Es ist ca. 12.00 Uhr und Markus beendet hier seine Führung. Jetzt haben wir noch 1,5 Stunden Zeit, um sich auf dem Gelände selbst umzuschauen.
Palenque - Kreuztempel Zunächst klettere ich also die Treppe einer hohen Pyramide zum Kreuztempel (Templo de la Cruz, 672 errichtet) hinauf. Von hier oben gibt es einen schönen Ausblick auf die archäologische Zone mit ihren wichtigsten Bauwerken. Zwischenzeitlich kommt die Sonne zum Vorschein und es wird recht idyllisch. Viele kleine und große bunte Schmetterlinge segeln durch die Luft. Leider bleiben sie nirgendwo länger sitzen, um sie sich in aller Ruhe anschauen zu können.
Danach gehe ich noch zum kleinen Sonnentempel (Templo del Sol), der sich zusammen mit dem Kreuz- und Kreuzblatttempel um einen großen Vorplatz gruppieren. In allen diesen Tempeln sieht man an den Wänden verwitterte Reste von ehemals wahrscheinlich prunkvollen Wandmalereien sowie interessante Flachreliefe, die in dem feuchten Klima leider schnell kaputt gehen, nachdem sie freigelegt werden. Auf der einen Seite ist es interessant, sie an den Originalorten zu sehen, auf der anderen Seite, schade, daß sie von den Archäologen freigelegt werden (und nicht z.B. in Museen gesichert), denn damit ist auch ihre Vernichtung vorprogrammiert.
Um die jetzt scheinende Sonne für einige Fotoaufnahmen zu nutzen, kehre ich noch zum Grand Palacio und zu den Tempeln XII und XII zurück. Leider kann ich mich an dem Sonnenschein nicht allzu lange erfreuen, denn bald zieht sich der Himmel wieder zu, und als ich gerade vor dem Tempel der Inschriften einige Fotos schießen will, beginnt es ziemlich intensiv zu regnen.
Es ist schon 13.00 Uhr und ich muß runter zum Ausgang gehen, wo sich unsere Gruppe um 13.30 Uhr treffen soll und wo auch der Bus wartet. Der Weg dahin dauert ca. 30 Minuten, habe ich mir vorher sagen lassen, und ich muß ihn noch finden. Zunächst verstecke ich mich aber noch in der Nähe des Ballspielplatzes vor dem tropischen Regenguß, denn da hilft auch die Regenjacke nicht viel. Trotz oder gerade wegen des Regens ist es jetzt so richtig tropisch schwülwarm geworden.
Als nach einigen Minuten der Regen etwas nachläßt, mache ich mich auf den Weg. Der Weg durch den Regenwald ist zwar ausgeschildert, aber wohl nicht gut genug (es sind mehrere Wege hier möglich), denn ich verlaufe mich und mache noch Bekanntschaft mit einigen anderen Maya-Ruinen (Gruppe B), die in dem weitläufigen Gelände im Wald versteckt und von exotischen Pflanzen überwuchert sind. Aber ich habe leider keine Zeit mehr, sie mir genauer anzuschauen. Schließlich erfrage ich mir den richtigen Weg von Arbeitern, die an einer Ruinenstätte arbeiten und gehe jetzt wohl richtig zum Ausgang herunter. Der Pfad durch den Dschungel führt an anderen, wohl weniger bedeutenden Ruinen (Gruppe C) und über eine Hängebrücke an einem Wasserfall vorbei.
Pünktlich um 13.30 Uhr erreiche ich schließlich unseren Bus. Hier scheint die Sonne. Als Einzigen aus unserer Gruppe hat mich der Regen erwischt. Die anderen waren alle schon unten in einem Cafe, als es zu regnen begann. Auf dem Weg von der archäologischen Zone in die Stadt zurück fahren wir an einem privaten Krankenhaus vorbei - es ist eine Entzugsklinik für Alkohol- und Drogenkranke. Der Besitzer der Klinik ist angeblich bekannt, als der größte Drogenhändler der Gegend. Das ist die mexikanische Realität - man verdient zweimal halt.
Palenque - Blick vom Kreuztempel aus auf den Gran Palacio mit seinem Turm (Ostseite) Nach der Rückkehr ins Hotel bleibt uns jetzt die Zeit zur freien Verfügung. Ich mache mich um 15.00 Uhr auf den Weg in die Stadt. Von unserer ausgedehnten Hotelanlage brauche ich ca. 15 Minuten ins Zentrum. Bald schon stelle ich fest, daß Palenque eine ziemlich hässliche mexikanische Kleinstadt ist. Um den Zocalo herum, der mit einer trostlosen, pseudomodernen, zartgrün gestrichenen Bogenmauer umgeben ist, befinden sich einige Restaurants und das kleine Rathausgebäude.
Vom Zocalo führt eine lange Geschäftsstraße herunter, die mit ein- bis zweigeschossigen Häusern bebaut ist. All dies sieht ziemlich, trostlos, unordentlich und provisorisch aus. Die Leute auf der Straße haben keine Eile, bewegen sich wie in einem langsam abgespielten Film, was aber bei der herrschenden Schwüle nicht verwunderlich ist. Die Verkäufer sitzen gelangweilt vor ihren Geschäften, manche Leute hängen hier nur so herum. Einige Mexikaner sehen schon ziemlich westernmäßig aus mit ihren strohfarbenen Cowboy-Hüten, schwarzen Schnauzern und der sonnenverbrannten Haut. Wie in Wild-West-Western halt.
Es ist ziemlich bewölkt und schwülheiß heute. Über den naheliegenden Bergen hängen tief dunkle Wolken und umhüllen die Gipfel. Aber im Osten, über der Ebene des Yucatans sieht man aufgelockerte Wolken und blauen Himmel dazwischen.
Nach etwa 1,5 Stunden im Stadtzentrum gehe ich zurück. Viel interessanter als die Stadt ist wohl die Parkanlage des Hotels. Eine lange Allee, bestanden mit riesigen Bäumen führt vom Eingangstor zu den Hotelgebäuden. In den Baumkronen beobachte ich unterwegs einige schwarze Eichhörnchen, viele gelbgefiederte kleine Vögel und auch einige andere Vogelarten.
Kurz vor dem Hotel biegt nach links ein weiterer Weg ab. Folgt man dem Weg einige Dutzend Meter, zweigt von ihm dann eine Treppe ab, die mich durch einen kleinen dschungelartigen Wald mit üppiger Vegetation herunter zu der Wellnessanlage des Hotels führt. Unten plätschert ein kleiner Bach. Ich kann mir gut vorstellen, dass man sich hier wirklich gut entspannen kann. Auf dem weiteren Weg durch die weitläufige Hotelanlage entdecke ich noch Tennisplätze und später auch einen kleinen Tiergarten. In einigen Käfigen sieht man hier u.a. Ara-Papageien, einen Tukan und einen Pfau.
Abends genießen wir im Hotel ein gutes Abendessen in Bufetform. Wie gestern schon, sitzen wir lange an den Tischen bei den jetzt angenehmen Lufttemperaturen und erzählen uns gegenseitig von unseren Reisen.


11. Tag: Mi, 26.11.2003
- Palenque - Sabancuy - Campeche -

Sabancuy - Muscheln am Strand des Golfes von Mexiko Um 8.30 Uhr, also wie üblich 1,5 Stunden nachdem wir geweckt wurden, verlassen wir das gemütliche Hotel und die Stadt Palenque. Das Wetter ist wunderschön - ein blauer Himmel und Sonnenstrahlen verabschieden uns hier. Wir fahren heute nach Nordosten, in Richtung der Golfküste von Mexiko. Zunächst geht es noch ca. eine gute Stunde lang durch den Bundesstaat Chiapas. Aus den Busfenstern sehen wir einen lockeren Baumbestand entlang der Straße und viele kleine Weideflächen mit Vieh. Die Landschaft und die Vegetation mutet sehr europäisch an. Nur ab und zu sieht man einzelne Palmen.
Etwa gegen 9.30 Uhr überqueren wir einen großen Fluß - den Rio Usumacinta, der hier die Grenze zum kleinen Bundesstaat Tabasco bildet, und weiter im Süden der Grenzfluß zu Guatemala ist. Bereits bevor wir die Flußbrücke erreicht haben, fahren wir an vielen überfluteten Flächen und sumpfigen Landschaften vorbei. Solche endlos grünen und sumpfigen Landschaften sind typisch für weite Teile des Bundesstaates Tabasco. Wir verweilen hier aber nur sehr kurz. Nach einer 15minütigen Pause hinter der Brücke erreichen wir nach weiteren ca. 15 Minuten Fahrt bereits die östliche Grenze von Tabasco. Jetzt kommen wir in den Bundesstaat Campeche.
Wir folgen weiterhin der Bundesstraße Nr. 186, über die wir schon eine Weile fahren. Die Landschaft ist weiterhin reich an weiten Wiesen und Weideflächen, dazwischen wächst überall ein niedriges Buschwerk, der später auch weite Teile des Weges dominiert. Wir begegnen hier kaum Leuten, sehen keine Ortschaften. Und vor allem eines fällt hier auf und prägt das Landschaftsbild, egal wo man hinschaut: alles rundherum ist flach, sehr flach und nochmals flach. Die Fahrt ist also sehr monoton.
Damit wir nicht einschlafen, unterhält uns Markus mit einer lebhaft vorgetragenen mexikanischen Geschichte seit der Unabhängigkeit. Wir hören also über den Krieg gegen die USA, über den Krieg gegen Frankreich, über den Bürgerkrieg. Wir erfahren einiges über Benito Juarez, Kaiser Maximilian, Emiliano Zapata, und über den großen legendären Banditen und bunten Hund Pancho Villa. Auch auf das schwierige Verhältnis Mexikos mit den USA geht Markus ein. Bereits 1847 nach dem verlorenen Krieg im Norden mußte Mexiko mehr als die Hälfte seines Territoriums im Norden an die USA abgeben. Es waren u.a. die heutigen Staaten Kalifornien, New Mexiko, Arizona und Texas. Etwa aus dieser Zeit stammt auch die verächtliche Ami-Bezeichnung "Gringo". Da die Vorhut der amerikanischen Truppen grüne Tarnuniforme trug, sagten damals viele "green go".
Zur Verbesserung des mexikanisch-amerikanischen Verhältnisses trägt auch die heutige Situation vor allem an der Grenze zu USA nicht bei. Tausende amerikanische Jugendliche, die an Wochenenden die Kneipen in der Grenzregion "überfallen" oder die Ferien in Mexiko verbringen, und so u.a. das Alkoholverbot in den USA umgehen, prägen das Bild von arroganten amerikanischen Alkohol-, Drogen- und Sextouristen. Darüber weiß Markus aus eigener Erfahrung auf beiden Seiten der Nordgrenze einiges zu berichten.
Gleichzeitig die vielen illegalen Einwanderer in die USA, die vor allem aus anderen latein- und südamerikanischen Ländern kommen, beeinflussen die negative Stimmung in den US-Staaten an der Grenze. Deshalb wird jetzt mit großer finanziellen Unterstützung der USA die Südgrenze Mexikos sehr stark abgedichtet und geschützt.
Gegen 11.00 Uhr machen wir eine viertelstündige Erholungspause an der wenig befahrenen Hauptstraße und biegen anschließend von ihr nach Norden ab. Die Landschaft ist nicht viel anders als vorher. Man sieht aber auch viele feuchte und sumpfige Flächen. Es leben hier viele Vögel, die wir auch vom Bus aus zu sehen bekommen - Störche, Reiher, Bussarde, Adler und einige andere Arten. Wir fahren jetzt direkt an die Küste des Golfs von Mexiko bei dem Örtchen Sabancuy. Hier endet eine Lagune, die im Osten des großen, zum Meer offenen Süßwassersees - Laguna des Terminos - gelegen ist. Viele rote Mangroven prägen die Umgebung. Ein Flußarm sorgt dafür, das hier Mischwasser - süß und salzig vorhanden ist. Wir überqueren eine Brücke am östlichen Ende des Lagunenarms, sehen hier viele Pelikane, und kommen gleich, gegen 12.00 Uhr, an der Golfküste an.
Campeche - ein repräsentatives Gebäude am Zocalo Vor unseren Augen liegt ein endloser weißer Strand, und nur 2-3 Strandrestaurants stören hier die natürliche Umgebung. Sonst ist hier keine Bebauung vorhanden. Die Straße, über die wie gekommen sind, führt weiter über die Lagunenzunge und später eine Insel, die den Süßwassersee abtrennt, nach Westen bis zu der Stadt Ciudad del Carmen.
Wir gehen in ein Strandrestaurant, und ab jetzt haben wir 3 Stunden Freizeit. Wer will kann hier im Restaurant etwas essen, wer will kann baden gehen. Das Wetter ist hervorragend. Vom wolkenlosen Himmel scheint die Sonne, es ist sehr warm. Ich unternehme einen langen Spaziergang am Strand, von dem ich fasziniert bin. Er zieht sich, soweit das Auge reicht, weit und breit keins Menschen (außer einigen anderen Spaziergängern von unserer Gruppe). Und vor allem Muscheln. Millionen von Muscheln, die am Strand und in dem vom aufgemischten Sand milchigen Wasser liegen. Aber was für Muscheln. Große und bunte, in verschiedenen Farben und Formen. Ich fange an wahllos zu sammeln, aber bald schon muß ich die ersten Muscheln wegwerfen, denn man findet immer schönere und größere.
Beim Spazieren, Sammeln von Muscheln und Beobachten von Pelikanen und Möwen vergeht die Zeit wie im Nu. Bald ist schon 15.00 Uhr und wir verlassen diesen idyllischen Ort. Die Fahrt geht jetzt nach Osten entlang der Küstenstraße. Links sehen wir kilometerlange, menschenleere weiße Strände, rechts begleiten uns Mangrovenwälder, Sümpfe und kleine Teiche mit sehr vielen blühenden Seerosen. In dieser sehr grünen Landschaft sieht man auch Palmen und Wiesen, bewachsen mit langen Gräsern. Mehrmals beobachten wir in den Bäumen oder in der Luft große, schöne Seeadler mit weißen Köpfen. Etwa ein Dutzend haben wir während der Fahrt gezählt. Über dem Meer sehen wir auch einige große Vogelschwärme, die nach Fischen jagen.
Nach ca. 50 Minuten Fahrt erreichen wir die historische Kleinstadt Champoton mit einer kleinen spanischen Festung, die gerade renoviert wird. Heute befindet sich in der Stadt ein militärischer Marinestützpunkt. Im Gedächtnis bleiben noch die vielen Fischerboote und die zahlreichen Pelikane, die überall hier sitzen. Hinter Champoton schwenkt die Küstenlinie und damit auch die Straße nach Norden.
Jetzt erzählt uns der Reiseleiter die jüngste Geschichte Mexikos. Wir hören über Wahlbetrüge, politische Morde, Korruption, Wahlfälschungen aber auch über manche sehr fähige Politiker, die obwohl sie mit Hilfe von Wahlfälschungen an die Macht gekommen sind, sehr viel Gutes für das Land getan haben. Ein sehr interessanter und trotz der schwierigen und komplizierten Materie kurzweiliger Vortrag.
Campeche - Kathedrale La Concepcion Etwa eine Stunde fahren wir noch entlang der Golfküste bis wir um 17.00 Uhr die Stadt Campeche erreichen. Beim Verlassen des Busses macht uns Markus auf die hier lebenden Leute aufmerksam. Die meisten Einwohner von Campeche und der Umgebung haben sehr große, breite Köpfe und dadurch fast keinen Hals. Sie entstammen einem Indianerstamm. Es ist eine Rasse von Menschen mit dem weltweit größten Kopfumfang. Im restlichen Mexiko werden deshalb sehr gerne und häufig Witze über die Einwohner von Campeche gemacht. Und tatsächlich, wenn man sich die Leute anschaut, dann fallen wirklich die überdurchschnittlich großen, runden Köpfe auf.
Die gleichnamige Hauptstadt des Bundesstaates Campeche wurde 1531 von den Spaniern gegründet. UNESCO-Weltkulturerbe Die koloniale Altstadt Campeches ist von einer Festungsmauer mit mächtigen Bastionen umgeben. Wir beginnen unseren Rundgang beim Sonnenuntergang am Stadttor Puerta de Tierra, wo sich noch eine alte Kanone befindet. Danach gehen wir durch die Gassen zum Zocalo (Plaza Central). Die niedrige, 1-2geschossige Bebauung mit einigen Herrenhäusern verleiht der Altstadt viel Charme. Die Hausfassaden sind nämlich alle in verschiedenen pastellfarbigen Tönen gestrichen. Bald erreichen wir die Plaza Central mit einer schönen weißen Catedral La Concepcion an deren Nordseite. Auch von anderen Seiten ist der Zocalo, bestanden mit großen alten Bäumen, mit niedrigen aber prunkvollen Häusern mit Arkadenbögen umgeben.
Durch das unweit gelegene Stadttor Puerta del Mar (da er zum Meer hin führt) verlassen wir die Altstadt und gehen nur einige Dutzend Meter zu Fuß zu unserem Hotel. Das bekannte Hotelhochhaus liegt genau zwischen dem Stadttor und der Uferpromenade. Auf dem Parkplatz vor dem Hotel stehen einige große Bäume, in deren Kronen gerade jetzt unzählige Vögel ein schrilles Konzert veranstalten. Dabei muß man sehr aufpassen, daß beim Vorbeigehen der eigene Kopf nicht so weiß wird, wie der Boden unter den Bäumen. Aber auch außerhalb der Bäume ist die Gefahr wegen der vielen fliegenden Vögel nicht viel geringer. Einigen Mitreisenden gelingt es nicht, dem "Angriff" zu entgehen.
Nach dem Hotelbezug und einer kurzen Erholung mache ich noch einen abendlichen Spaziergang zur Promenade und in die Altstadt. Die schöne, breite Promenade am Golf von Mexiko (einen Strand gibt es hier nicht) wurde scheinbar erst kürzlich ausgebaut. Sie verläuft parallel zu einer breiten, mit Palmen bestandenen Hauptstraße und ist mit ihren Spuren für Radfahrer, Jogger und Fußgänger ebenso breit.
Am Zocalo sieht es nachts auch sehr gemütlich aus. Die Kathedrale und die Prunkgebäude sind alle schön beleuchtet. Auf einem kleinen Platz im Nordwesten von Zocalo befindet sich ein schöner Springbrunnen, dessen Wasser im Takt einer laut gespielten klassischen Musik sprudelt und mit verschiedenfarbigem Licht beleuchtet wird. Viele Passanten und Touristen sitzen rundherum und genießen dieses bunte und schöne Schauspiel. Auch ich verweile hier einige Zeit und lasse in dieser angenehmen Atmosphäre den heutigen Tag ausklingen.


12. Tag: Do, 27.11.2003
- Campeche - Sayil - Kabah - Uxmal - Merida -

Nach einem zeitigen Frühstück habe ich noch reichlich Zeit und unternehme einen Spaziergang. Zunächst gehe ich nochmals zur Promenade, die ich jetzt erstmals bei Tageslicht sehe, dann zum Zocalo, um noch einige Bilder zu schießen. Auch heute herrscht ein schönes Wetter mit wolkenlosem Himmel. Im Verlaufe des Tages werden aber immer mehr Quellwolken auftauchen, und die Sonne verdecken. Pünktlich um 8.30 Uhr fahren wir los nach Nordosten, ins Landesinnere. Es erwartet uns ein anstrengender Tag mit der Besichtigung einiger interessanten Maya-Ruinenstätten. Sayil - Königspalast der Mayas
Wir fahren zunächst durch ein leicht hügeliges Gebiet mit einer typischen Buschvegetation, mit viel Gestrüpp. Die vorherrschende Landschaftsfarbe ist ein sattes Grün. Markus unterhält uns während der monotonen Fahrt weiter mit seinen Erzählungen zur aktuellen innenpolitischen Situation Mexikos. Plötzlich sehen wir vor uns eine Straßensperre. Quer auf der Fahrbahn liegt ein Baumstamm, mehrere junge Leute stehen am Straßenrand, einer hält in den Händen eine Axt. Der Busfahrer geht auf die Bremse, im Bus wird still und wir nähern uns sehr langsam dem Hindernis. Alle Mitfahrenden einschließlich des Busfahrers und des Reiseleiters sind angespannt und verunsichert. Aber was sollte man jetzt machen? Umdrehen ist unmöglich. Als wir uns der Sperre nähern, erweist sich aber alles als harmlos - einige Jugendliche sammeln angeblich für ihre seitlich der Straße gelegene Schule. Sie machen uns gleich den Weg frei und wir können weiterfahren. Unser Reiseleiter läßt sich aber nicht nehmen, ein paar deutliche Worte an die jungen Leute zu richten. Und zurecht, sie haben uns schließlich viel Angst angejagt, und es ist keine vernünftige Art, das Budget der Schule aufzubessern. Aber die Straßensperren scheinen ein mexikanisches Allzweckmittel zu sein.
Als erste Ruinenstätte erreichen wir gegen 10.15 Uhr Sayil. Es war einst eine bedeutende Mayastadt mit einem großen Königspalast. Noch heute imponiert das in einer Lichtung stehende Gebäude mit seinen Ausmaßen - 80 x 40 m Grundfläche und drei Stockwerke mit je einer Terrasse auf jeder Ebene. Faszinierend sind auch die prächtigen ornamentalen Dekorationen der gelblichen Fassaden und die leider ziemlich zerstörten Regengott-Masken auf einem Fries, die besonders in der Sonne gut zur Geltung kommen. Leider versteckt sich jetzt die Sonne immer häufiger hinter großen Quellwolken. In den Sonnenstrahlen schimmert schön auch das Gefieder einiger Kolibris, die ich an einem blühenden Strauch vor dem Palast beobachten kann.
Vor dem Palast herrscht eine absolute Ruhe, wir sind im Moment die einzigen Touristen, die die Anlage besichtigen. Insgesamt verbringen wir hier ca. 40 Min. Anschließend geht es nach nur ca. 10 km entfernte Kabah. In 10 Minuten sind wir da. Hier muß ich keine Filmerlaubnis kaufen, denn die Genehmigung aus Sayil für 30,- Pesos gilt auch in Kabah und Uxmal.
In Kabah besichtigen wir die Ostgruppe. Diese Ruinenstätte ist berühmt vor allen wegen des Codz-Poop-Palastes. Diese, auch Tempel der Masken genannte, 45 m lange Palastanlage besitzt eine 6 m hohe Fassade, die vollständig mit Masken des Regengottes Chac mit seiner Rüsselnase bedeckt ist. Insgesamt besteht sie aus über 250 Masken. Hier beginnen wir auch unsere Besichtigung. Die gesamte Fassade und die Detailtiefe der Ornamente ist wirklich beeindruckend. Viele der Rüsselnasen sind jedoch abgebrochen und liegen zusammen mit vielen anderen Bausteinen um die Anlage herum. Vom Podest des Palastes sieht man im Nordwesten die Große Pyramide in der Westgruppe.
Auf dem Weg zum Palacio Teocalli besichtigen wir noch andere Teile des Palastes der Masken. An dessen wohl frisch restaurierten Ostseite fallen uns ins Auge zwei riesige Maya-Skulpturen. Solche Personendarstellungen sind in den Maya-Bauwerken sehr selten zu sehen. Auch ein Relief mit einem bärtigen Mann an einer Wand gibt Anlaß zum Rätseln.
Kabah - Ostgruppe der Maya-Ruinen, Tempel der Masken (Codz-Poop), Masken des Regengottes Chac auf der Südseite, oben eine Rüsselnase Weiter gehen wir zum Justizpalast, dem Palacio Teocalli. Es ist auch ein riesiges Bauwerk mit einer Dekoration aus gebündelten Säulenreihen in der Fassade. An dem Palacio vorbei, führt ein Weg durch ein Buschwerk zu Ruinen des Tempels der Säulen. Diese Ruinen sind aber noch nicht restauriert und nur wenig sehenswert. So kehre ich also, unterwegs die interessante Dschungelvegetation mit vielen kleinen, versteckten Blüten beobachtend, zurückt zum Hauptplatz. Insgesamt verbringen wir in Kabah eine gute Stunde, und kurz nach 12.00 Uhr geht es weiter.
Kabah gilt als die Tochterstadt des großen Kultzentrums Uxmal, zu dem wir jetzt fahren. Sie ist auch nur ca. 15 km von Kabah entfernt. Die Ruinenstätte Uxmal ist ein ganz anderes Kaliber, als die beiden vorher besuchten. Ein großer Eingangsbereich mit Kassen, Souvenirshops etc, Bändchen am Handgelenk, zahlreiche Besucher. Diese Kultstätte Mayas steht auch auf der Weltkulturerbeliste von UNESCO. UNESCO-Weltkulturerbe
Einige Dutzend Meter hinter dem Eingangsbereich eröffnet sich vor unseren Augen der Ausblick auf das wohl bekannteste Bauwerk Uxmals - die 38 m hohe Pyramide des Wahrsagers bzw. des Zauberers. Sie besitzt einen ungewöhnlichen ovalen Grundriss und besteht aus fünf ineinander verschachtelten Tempeln. Die Treppe der Pyramide ist so steil, daß sie nicht mehr von Touristen bestiegen werden kann. Es gab einfach zu viele Fälle, daß sie nicht heruntergehen konnten. Gerade wird hier ein Dokumentarfilm gedreht, und wir sehen wie die Filmleute die Treppe besteigen, aber erst nachdem sie sich mir einem Karabinerhaken an eine von unten nach oben verlaufende Leine eingehackt haben.
Wir gehen um die Pyramide herum und auf der Westseite gelangen wir in einen Hof. Gegenüber der Pyramide steht hier das Haus der Vögel mit interessanten Vögelornamenten. Von hier aus kommen wir dann zum Haus der Nonnen - einem Gebäudekomplex, das ein großes (ca. 100 m langes) Patio umringt. Der Name berührt wahrscheinlich auf den kleinen Zellen, die wie Klosterzellen in den Gebäuden vorhanden sind. Markus verdeutlicht uns hier die Bedeutung der sehr sehenswerten steinernen Verzierungen mit der Darstellung des Regengottes Chac an der Fassade des Westgebäudes. Auch die anderen Fassaden sind reichlich verziert.
Jetzt begeben wir uns in die südliche Richtung und gehen durch den Ballspielplatz zum Fuße der Großen Pyramide. Sie ist vorerst nur von einer Seite restauriert und zugänglich. Unterwegs sehen wir einige Leguane, die in der Sonne auf den Steinen des Ballspielplatzes liegen oder durch das Gras spazieren. Als nächstes Ziel liegt vor uns das wohl wichtigste und aufwändigste Gebäude der gesamten Region - der Palast des Gouverneurs, auch Herrscherpalast genannt. Er liegt auf einem großen Erdplateau, das wir zunächst über Treppe besteigen müssen. Der Palast mit seiner Länge von ca. 100 m wird häufig als das spektakulärste Gebäude des präkolumbianischen Amerikas bezeichnet und macht wirklich Eindruck. Besonders der 3 m hohe Fries, der seine gesamte Fassade umgibt, zieht die Blicke an. Aus mehr als 20.000 Steinen wurden auch hier ca. 200 Masken des Regengottes Chac zusammengesetzt. Neben dem Palast befindet sich ein kleines zierliches Gebäude, wegen einem Fries mit Schildkröten als Schildkrötenhaus bekannt.
Am Palast endet unsere Führung. Jetzt haben wir noch Zeit für eigene Erkundungen. Ich verbleide noch eine Weile auf dem Plateau. Von den obersten Stufen der Palasttreppe erstreckt sich ein fantastischer Ausblick auf das Ruinengelände mit der markanten Pyramide des Wahrsagers und auf die unendliche, grüne Ebene Yucatans. Ich spaziere um den Palast herum und entdecke in den Ruinen mehrere verschiedene Leguanenarten, die die warme Sonne genießen. Ein besonders großes Exemplar präsentiert sich mir schön vor der Kamera.
Auf dem Weg zurück zum Eingang mache ich noch einige Bilder. Um 14.20 Uhr treffen wir uns vor dem Bus und fahren nur wenige Minuten zu einem Restaurant, in dem wir bereits unterwegs nach Uxmal ein besonderes, landestypisches Mittagsessen bestellt haben.
Es handelt sich um Fleisch und Gemüse, die in der Erde, in einem Erdoffen im Freien eingegraben und dort bei großer Hitze 2 Stunden gegart werden. Wir dürfen dabei sein, als die Erdschicht entfernt und die mit verschiedenen Gewürzen zubereiteten Hähnchen- und Schweinstücke aus dem Erdofen herausgeholt werden. Kurze Zeit später werden sie zusammen mit Gemüsebeilagen und verschiedenen Soßen serviert. Das Essen schmeckt uns sehr gut. Uxmal - Pyramide des Wahrsagers (des Zauberers), Südostseite Zum Abschluß kommt noch ein Früchtecocktail sowie eine weitere Besonderheit - ein Kaffeelikör mit Tequila (Kaluah), der mit einem speziellen Ritual getrunken wird. Ein Kellner geht mit der Likörflasche nacheinander zu jedem einzelnen Gast hin, schenkt ihm ein Glas ein und setzt auf dessen Kopf ein großes Sombrero auf. Dann wird getrunken, und anschließend schüttelt der Kellner mit einem lauten Tschaka-Tschaka-Ruf den Kopf des Trinkenden durch. Insgesamt eine lustige Veranstaltung.
Wir verbringen also in diesem überdachten Restaurant im Freien gemütlich die Zeit. Mir fällt hier noch eine Besonderheit auf. In regelmäßigen Abständen hängen vom Dachrand rund um das Restaurant auf Schnüren befestigte und mit Wasser gefüllte durchsichtige Beutel herunter. Nach dem Sinn dieser Beutel gefragt, erfahre ich, daß dies ein Schutz gegen die Fliegen ist. Die mit reinem Wasser gefüllten Beutel wirken wie ein Vergrößerungsglas - die anfliegenden Fliegen sehen plötzlich um ein Mehrfaches größere Monster vor sich, und werden dadurch abgeschreckt. Ob es wahr ist, sein dahingestellt. Tatsache ist aber, daß wir beim Essen tatsächlich von keinen Fliegen gestört werden.
Um 15.50 Uhr beenden wir unsere gemütliche Pause und machen uns auf den Weg nach Merida, in die "weiße Stadt". Zwischenzeitlich haben sich alle Quellwolken verzogen und wir haben wieder einen blauen Himmel. Die Landschaft unterwegs unterscheiden sich nicht von dem, was wir schon die ganze Zeit heute gesehen haben - flach und grün. Nur die vielen Pferdekutschen fallen ins Auge.
Gegen 17.00 Uhr kommen wir im Zentrum der Hauptstadt des Bundesstaates Yucatan an. Am Zocalo verlassen wir unseren Bus und machen hier einen kurzen Rundgang. Markus erklärt uns die wichtigsten Bauten um den Plaza Mayor herum: Casa de Montejo im Süden - das Wohnhaus der Stadtgründerfamilie, Palacio Municipal (Stadtverwaltung) aus dem Jahre 1542 im Westen, Palacio del Gobierno (Regierungspalast) im Norden, vor dem gerade die Gewerkschaften eine Demonstration veranstalten, und die Kathedrale im Osten. Wir gehen jetzt in die große, über den niedrigen Bauten am Zocalo herrschende, zweitürmige San Idelfonso Kathedrale herein. Ihr Bau wurde bereits 1561 auf den Ruinen eines zerstörten Maya-Tempels begonnen. Im Inneren ist die Kathedrale sehr schlicht und kaum ausgeschmuckt.
Den Regierungssitz mit seinen interessanten Murales können wir wegen der Demonstration leider nicht besichtigen. Wir gehen also gemeinsam durch die Altstadtgassen zum unweit gelegenen Hotel "El Castellano", in dem wir heute übernachten. Mittlerweile ist es auch schon dunkel geworden. Im Hotel sind wir um 18.00 Uhr.
Nach der Einteilung der Zimmer und einer kurzen Verschnaufpause gehe ich nochmals in die Stadt. Die Demonstration ist nun zu Ende, und jetzt kann ich den Gouverneurspalast besichtigen. Durch den Haupteingang gelangt man in einen Innenhof des zweistöckigen Gebäudes, der mit schönen Arkaden umgeben ist. An den Wänden hängen gigantische Gemälde des Malers Pacheco mit den Darstellungen zur Geschichte Yucatans. Im Obergeschoß besuche ich anschließend einen großen Prunksaal, der zu Empfangszwecken dient.
In der Stadt ist noch viel los, in den Restaurants am Zocalo sitzen unter den Arkadenbögen noch viele Gäste. Ich spaziere durch die Geschäftsstraßen (viele Geschäfte sind noch geöffnet) und finde zum Schluß noch einen Internetladen, in dem ich den Rest des Abends verbringe. Um ca. 21.00 Uhr bin ich zurück im Hotel und gehe gleich schlafen.


13. Tag: Fr, 28.11.2003
- Merida - Lagune von Celestun - Merida -

Das Hotel verlassen wir heute erst um 9.00 Uhr. Also können wir etwas länger als sonst schlafen. Am Morgen steht zunächst eine kleine Rundfahrt durch Merida, die "weiße Stadt", im Programm. Auch heute haben wir zunächst einen blauen Himmel, und es ist sehr warm. Wir fahren durch die Stadt und erreichen bald die berühmte Prachtstraße Paseo de Montejo. Sie ist ein breiter, von Bäumen flankierter Boulevard, der sehr an die Pariser Champs-Elysees erinnert (und wurde auch Champs-Elysees der Neuen Welt genannt). Es war die erste gepflasterte Straße in ganz Mexiko. Entlang der Boulevards stehen prunkvolle Herrenhäuser und koloniale Paläste, in denen einst reiche Sisalhändler und Plantagenbesitzer residierten. In einem der schönsten Paläste, die wir sehen - dem im italienischen Renaissance-Stil erbauten Palacio Canton - wohnte der frühere Gouverneur Yucatans. Heute ist hier das Anthropologische Museum. Merida - Zocalo und die Kathedrale
Die Stadt macht einen sauberen und gepflegten Eindruck. Viele Parks und Plazas mit grünen Bäumen sowie die vielen weiß getünchten Häuser und zahlreiche weiße Pferdedroschken verleihen Merida ein ansprechendes Ambiente. In den Zeiten des Sisalbooms wurde sie eine der reichsten Städte ganz Mexikos. Heute zählt Merida über 1 Mio. Einwohner.
Anschließend fahren wir zu den Markthallen, die sich unweit des Zocalo befinden. Hier haben wir bis 10.45 Uhr eine gute Stunde Zeit, um sich individuell das breite Angebot anzuschauen und ggf. auch einzukaufen. Auf dem Mercado Garcia Rejon neben den Markthallen (Mercado Municipal) erhält man allerlei einheimisches Kunsthandwerk und Souvenirs. In zahlreichen kleinen Läden werden u.a. Kleidung, Holzschnitzereien, Muschelarbeiten, Hängematten, Panamahüte oder Gold- und Silberschmuck angeboten. Interessanter finde ich aber die großen, weitläufigen Markthallen. Hier versorgen sich mit allem Notwendigen die Einwohner Meridas. Es gibt hier große Fleisch- und Fischhallen, Obst- und Gemüsehändler, Blumen, Lebensmittel, Kleidung und vieles mehr.
In den Markthallen sieht man viele Indigenasfrauen, die ihre traditionelle Maya-Kleidung (huipil) tragen - eine weiße Bluse mit Stickerei am Hals und Saum. Auch die Männer tragen hier nicht selten ihre typischen kurzärmeligen Jackenhemden mit Längsbiesen. Die Maya-Kultur ist in Merida und der Umgebung nicht nur in der Kleidung, aber auch in der Sprache noch lebendig. Die Nachfahren Mayas sprechen häufig noch die Traditionelle Maya-Sprache. Es ist eine Stottersprache und so sprechen viele auch spanisch stotternd. In vielen Schulen Yucatans wird angeblich die Maya-Sprache als Pflichtfach unterrichtet.
Nach dem Marktbesuch steigen wir wieder in unseren Bus ein und fahren jetzt Richtung Westen an die Golfküste, zu der Lagune von Celestun. Der Weg ist unspektakulär. Deshalb erzählt uns Markus wieder einiges über das Leben und die Situation der Indianer in Mexiko und insbesondere in Chiapas. Es sind zum Teil auch seine eigenen Erfahrungen, die er während seiner Arbeit im Ministerium für Indianerangelegenheit gesammelt hat. Und so erfahren wir u.a., daß 99% der Indianer in Chiapas keine Geburtsurkunde besitzen, da es in den autonomen Dörfern keine Rathäuser gibt. Aber ohne Geburtsurkunde dürfen sie nicht wählen, und so haben die Parteien, die die Indianerinteressen vertreten, kaum Wähler. Wir hören auch über die nicht seltene Ausbeutung der einfachen, ungebildeten Indios durch die eigenen Majordomos, die nicht gerne zulassen wollen, daß indianische Bauernkinder zur Schule gehen, damit sie später nicht ihre Machenschaften durchblicken. Sie selbst verkaufen oft das indianische Land an Ölkonzerne, beschuldigen sie dann aber vor eigener Bevölkerung des Landraubes. (Die Regierung verteilt eine Art Erbbaurechte an arme Bauern, die durch ausgehändigte Urkunden nachgewiesen werden. Der Besitzer der Urkunde ist der Rechtsinhaber. Da die Bauern aber oft dies nicht verstehen, geben sie die Urkunden an ihre Majordomos ab, und die machen damit heimlich große Geschäfte.) Wir hören über den Subkommandanten Marcos, über seine Machenschaften und den Mißbrauch der miserablen Situation der Indios unter dem Deckmantel der Politik für dubiöse Geschäfte.
Die Problematik der Indios, die politische Situation in Chiapas, die Kämpfe um Macht und Einfluß oder aber auch tatsächlich um das Wohl der Indianer, die Ziele und die Rolle von Marcos in dem Chiapas-Konflikt, die Problematik des Drogenanbaus - all dies ist sehr komplex, kompliziert und miteinander verzwickt, und nicht nur so schwarz-weiß, wie es häufig in westlichen Medien vereinfacht dargestellt wird. Ob und wer wirklich daran Interesse hat, daß es den Indios besser geht - die Regierung oder die Armee des Subkommandanten - die Antworten sind anders, als man es vermutet. Lagune von Celestun - rosarote Flamingos
Auf jeden Fall verliert Marco immer mehr indianische Anhänger, die erkennen, daß sie von ihm nur politisch mißbraucht werden. Als ein politischer Vertreter der Indios ist er bei seinen Drogengeschäften nur schwer angreifbar, und dafür braucht er die armen Indianer. Deshalb auch will er keine Kompromisse mit der Regierung eingehen, die aber die Situation der Indios verbessern würden. Denn die Regierung bietet zurzeit viel. Aber wenn es den Indios besser gehen würde, wenn die Kinder Bildung und dadurch auch Arbeit bekommen würden, würde dies die Position der dörflichen Majordomos (die eine Art indianische Absolutherrscher in ihren Dörfern sind und denen die Bauern wie Leibeigene gehören) schwächern, und das wollen sie nicht, obwohl sie angeblich für die Interessen der Indianer eintreten. Auch die armen Bauern, unterstützt durch die Dorfältesten, wollen die Kinder nicht zur Schule schicken, nach dem Motto, daß auch Großeltern und Eltern ohne Schule klargekommen sind. Eine verrückte und nur schwer begreifbare Welt.
Unser Reiseleiter Markus schildert uns die Probleme so leidenschaftlich und lebhaft, daß wir kaum merken als wir um 12.15 Uhr am Ziel beim Dorf Celestun ankommen. Zwischenzeitlich sind immer mehr Wolken aufgezogen, und hier an der Küste ist nichts mehr vom blauen Himmel zu sehen.
Die Lagune von Celestun wird durch eine Landzunge gebildet, die sie von dem Meer im Golf von Mexiko trennt. Das ca. 60.000 ha große Naturschutzgebiet wurde 1989 zur Special Biosphere Reserve erklärt. Neben den unendlichen Mangrovenwäldern, in die man mit dem Boot hineinfahren kann, lassen sich hier viele seltene Vogelarten (ca. 300 Arten) beobachten, darunter die wunderschönen pinkfarbenen Flamingos.
Gegen 12.25 Uhr besteigen auch wir in 6er Gruppen fünf Motorboote und fahren in die Lagune. Das Wasser ist durchweg trübe, aber unser Ziel sind die Vögel, die wir hier beobachten wollen. Und tatsächlich bekommen wir viele Vogelarten zu sehen, u.a. Reiher, Kormorane, Störche, und viele andere, mir unbekannte. Der Hauptanziehungspunkt sind aber die rosaroten Flamingos. Bis zu 30.000 dieser Vögel befinden sich hier manchmal, abhängig von der Witterung und der Jahreszeit. Endlich bekommen auch wir die Flamingos zu sehen, natürlich nicht in dieser Anzahl. Aber trotzdem macht es einen großen Eindruck, Dutzende dieser Vögel in der freien Wildnis zu sehen. Ihre grazile Erscheinung und ihre rosarote Farbe begeistert uns alle. Die Flamingos sind sehr scheu, und deshalb müssen die Boote einen Mindestabstand zu den Vögeln halten, um sie nicht aufzuscheuchen.
Etwas später begegnen wir einer Kolonie weißer Pelikane, die ebenso interessante Vögel sind. Insbesondere machte er Spaß zu beobachten, wie sie vom Wasser aus aufsteigen und landen. Leider sind aufgrund des erforderlichen Mindestabstandes nicht alle Details gut zu sehen. Und keiner von uns hat ein Fernglas dabei. Aber ich helfe mir etwas, indem ich mich durch den Camcorder heranzoome. Lagune von Celestun - weiße Pelikane
Nach der Umrundung einer kleinen Insel in der Lagune fahren wir zurück. Dabei machen wir einen Abstecher und fahren mit dem Boot durch dichte Mangroven mit ihren großen Luftwurzeln. Das Wasser ist hier noch trüber und fast rot. Etwas später verlassen wir die Boote und machen einen kurzen Spaziergang durch die üppige Ufervegetation. Der kurze Rundweg führt auf Holzstegen durch den Wald und wurde als eine Art Lehrpfad angelegt. Zwischenzeitlich ziehen vom Meer aus sehr dicke schwarze Wolken auf, es wird windig und bald fallen die ersten Tropfen herunter. Wir beeilen uns jetzt schnell zurück in die Boote. Als wir darin sitzen, fängt es an, richtig zu schütten. Das Dach über dem Boot hilft da nur wenig. Wir werden ziemlich durchnäßt und sind froh, daß der Bootsausflug abgekürzt wird. Wir fahren jetzt auf direktem Weg zur Anlegestelle und steigen gegen 13.30 Uhr in unseren Bus ein.
Bereits nach wenigen Minuten erreichen wir das Zentrum des kleinen Fischerdorfes Celestun (der Name bedeutet Gemalter Stein), wo wir jetzt die Mittagpause machen. Markus empfehlt uns eines der Dorfrestaurants, das wie alle hier auf frischen Fisch in allen Variationen spezialisiert ist. Die meisten aus unserer Gruppe gehen auch hin. Das sehr einfache Fischerrestaurant ist mittlerweile voll, und die Bedienung - ganze Familie des Fischers - hat volle Hände zu tun. Nach einer Weile bekommen wir aber schließlich auch unsere bestellten Fischmenüs (ein Fischfilet, gerollt in eine Kugel und gefüllt u.a. mit Garnelen und Krebsen - empfohlen auch von Markus). Es schmeckt uns sehr gut und wir sind froh, hier zu sitzen. Draußen hören wir immer noch den Regen und hinter dem Restaurant auch das Meer.
Nach dem Essen gehe ich noch etwas auf den Strand spazieren, denn es hat fast aufgehört zu regnen. Es ist aber sehr stürmisch - man kann kaum gerade stehen, und noch stark bewölkt. Um 15.00 Uhr fahren wir zurück nach Merida. Es bleibt weiterhin stark bewölkt, ab und zu fällt etwas Regen. Um 16.30 Uhr sind wir zurück im Hotel.
Nach einer kurzen Erholungspause gehe ich nochmals in die Stadt, um noch ein paar Bilder zu machen, bevor es dunkel wird. Ich spaziere etwas länger auf dem großen Zocalo von Merida, das mit Palmen und alten Lorbeerbäumen bestanden ist. Eine Besonderheit hier sind ungewöhnliche Sitzbänke für je 2 Personen, Confidenciales genannt. Sie haben eine S-Form, so daß sich die Pärchen etwas versetzt fast gegenüber sitzen, und so vertraulich unterhalten können. Merida - Zocalo, im Hintergrund das Rathaus Auf dem Plaza Mayor entdecke ich auch eine große Krippe. Merida - eine Weihnachtskrippe am Zocalo, im Hintergrund die Kathedrale Dies erinnert mich daran, daß in wenigen Wochen Weihnachten sind. Aber irgendwie passen mir die Krippe und die Umgebung mit den Palmen nicht so richtig zusammen. Bis in den späten Abend schlendere ich noch durch das Zentrum von Merida, bevor ich dann müde schlafen gehe.


14. Tag: Sa, 29.11.2003
- Merida - Izamal - Chichen Itza - Valladolid -

Der heutige Vormittag beginnt mit dem gleichen Wetter, wie der Tag gestern zu Ende gegangen ist. Es ist stark bewölkt und relativ kühl. Um 8.30 Uhr verlassen wir Merida und fahren nach Osten, weiter ins Landesinnere. Auf dem flachen Yucatan sind die Ausblicke aus den Busfenstern nicht allzu abwechslungsreich, und so unterhält uns Markus heute während aller Fahrten mit weiteren Erzählungen, Geschichten und Anekdoten über sein Leben und seine Erfahrungen in Mexiko.
Aber wir hören auch Vorträge über das Schul- und Sozialwesen in Mexiko. Alle, die eine mexikanische Geburtsurkunde besitzen (wird innerhalb von 2 Wochen nach der Geburt ausgestellt, und darauf werden alle 10 Fingerabdrücke des Kindes aufgenommen), sind Mexikaner mit allen Rechten und Pflichten, und dürfen also auch Schulen besuchen. Es gibt aber zu wenig Schulen, deshalb wird im Drei-Schichten-System von 7.00 bis 24.00 Uhr unterrichtet. Die Schüler sind verpflichtet Schuluniforme zu tragen.
Für den Studienbeginn gibt es eine Altersobergrenze, die Studiendauer ist genau vorgeschrieben und die Studenten müssen für das Studium zahlen. Neben den 32 staatlichen Universitäten gibt es ca. 5000 private, die nichts wert sind und wo man sich die Titel quasi erkauft. An den staatlichen Unis gelten strenge Regeln: wenn man durch die Abschlußprüfungen nach jedem Semester durchfällt oder daran nicht teilnimmt, ist das Studium zu Ende. Es gibt absolut keine Ausnahmen und keine Entschuldigung, nicht mal eine schwere Krankheit oder ein Krankenhausaufenthalt ermöglicht einen nachträglichen Prüfungstermin (bei der Korruption in Mexiko wäre es kein Problem, eine entsprechende ärztliche Bescheinigung vorzulegen). unterwegs zwischen Merida und Izamal - Trocknen der Sisal-Faser in einer Sisal-Fabrik
Eine Ausbildung in Lehrberufen ist dagegen in Mexiko nicht vorhanden. Jeder lernt selbst (von anderen, z.B. Familie, Bekannten) den Beruf, den er ausüben will. Und wenn er gut ist, bekommt er auch Arbeit und hat Kunden. Es gibt auch keine Baufirmen. Wenn man ein Haus bauen will, geht man suchen, wo gerade ein Haus gebaut wird und spricht den Vorarbeiter an. Er sucht sich dann die Bauarbeiter selbst zusammen. Es gibt aber keine ausgebildeten Elektriker, Schreiner, Maurer etc - alles machen die gleichen Leute.
Markus berichtet uns aus eigener Erfahrung, wie schwierig ist es, ein eigenes Haus zu bauen, wenn man nicht ständig auf die Bauarbeiter aufpassen kann. Zum Beispiel darf man nicht zuviel Baumaterial auf einmal haben, denn es wird sofort geklaut und weiterverkauft. Die Verkabelung wird grundsätzlich auf dem kürzesten Wege von einer Steckdose zur anderen gelegt, also auch quer durch die Wände, und es wird unter Strom gearbeitet, damit man die richtigen Kabel erkennt. Manche Anekdoten klingen dabei recht amüsant. Aber wenn man selbst erlebt, daß die Eingangstür auf der anderen Seite des Hauses gebaut wird, und sie halb so breit, wie die Schlafzimmertür ist, oder daß der Fliesenleger mit der Arbeit direkt an der Eingangstür beginnt, über die alle anderen Bauarbeiter ständig rein- und rausgehen, und daß er deshalb ständig die verrutschten Fließen wegwirft und von neuem legt, oder daß ein Ventilator im Schlafzimmer so aufgehängt wird, daß er 50 cm über dem Fußboden hängt, weil zufällig ein Verlängerungsstück auch dabei lag, dann ist es einem bestimmt nicht zum Lachen. Und Markus bringt noch mehr solche Beispiele.
Auch die Thematik der Sozialsysteme kommt heute nicht zu kurz. In Mexiko gibt es keine Arbeitslosenversicherung und keine Statistiken, die die Anzahl der Arbeitslosen registrieren. Das Wichtigste deshalb ist eine große Familie und viele Bekannte, die einen in Notsituationen unterstützen. Und das System funktioniert in Mexiko sehr gut, die Familie läßt keinen fallen (das nötige Geld wird ohne wenn und aber zusammengelegt, und keiner fragt nach dessen Rückgabe), und die Beziehungen ermöglichen, eine neue Arbeit zu finden. Auch darüber weißt Markus einiges aus seiner Familie (er ist mit einer Mexikanerin verheiratet) zu berichten. Bei solchen Geschichten vergehen uns die Busfahrten heute sehr schnell.
In der Gegend um Merida, durch die wir jetzt fahren, wurde vor langer Zeit schon die Sisalpflanze angebaut, die man vor allem zur Seilherstellung benutzte. Die damaligen Plantagenbesitzer wurden so zu Millionären; davon zeugen auch die prunkvollen Stadtvillen in Merida, die wir gesehen haben. Heute hat die Sisalgewinnung in Yucatan ihre wirtschaftliche Führungsrolle längst verloren, Sisal wurde bei der Seilherstellung durch Kunstfaser abgelöst. Aber trotzdem wird die agavenähnliche henequen-Pflanze (Sisalhanf) um Merida weiter angebaut. Hier findet sie die besten klimatischen Bedingungen vor. Heute werden aus den Sisalfasern vor allem Hängematten, Schuhe, Körbe, Teppiche und Schnüre hergestellt.
Während unserer Fahrt sehen wir unterwegs viele Plantagen mit der henequen-Agave. Nach ca. 45 Minuten Fahrt halten wir an einer kleinen Sisalfaserfabrik an. Wir können sie besichtigen. Die Fabrik gehört einer Kooperative von Bauern aus der Umgebung. Ein Fließband befördert gerade Agavenblätter, die von einem LKW ausgeladen werden, in die Fabrikhalle. Markus erläutert uns den Produktionsvorgang, während wir durch die Halle gehen. Die Produktionsweise hat sich seit Jahrzehnten nicht verändert. Alle Maschinen, die wir sehen, stammen aus den Anfängen des 20. Jh.
Nach der Heraustrennung der Faser aus den Agavenblättern werden sie draußen vor der Fabrik auf hölzernen Ständern getrocknet. Verzweigte Gleise führen von dem Fabrikgebäude zu den Ständern. Wir beobachten, wie kleine Bergbauloren mit Sisalfasern auf den Schienen von Pferden gezogen werden. All dies ist sehr interessant und wir führen uns, wie um 100 Jahre zurückversetzt. Izamal - Kloster San Antonio de Padua, Innenhof und die Kirche
Um 9.45 Uhr geht es weiter Richtung Osten. Wir fahren jetzt nach Izamal, die ca. 70 km östlich von Merida liegt. Um 10.30 Uhr erreichen wir die einzigartige "gelbe Stadt", wie sie genannt wird. Grund dafür ist der sonnige Gelbton, in dem nahezu alle Bauwerke dieser Kleinstadt (ca. 15.000 Einwohner) gestrichen sind. Wir parken unseren Bus am Zocalo, der natürlich von gelb gestrichenen, niedrigen Gebäuden umgeben und festlich geschmückt ist. Der Grund für unseren Besuch hier ist die an den Zocalo angrenzende gewaltige Anlage der Franziskanerkirche und des Klosters San Antonio de Padua. Das 1562 fertiggestellte festungsartige Franziskanerkloster wurde auf einer der damals noch existierenden 12 Maya-Pyramiden gebaut, indem die Steine alter Maya-Ruinen genutzt wurden. Auch die gesamte Klosteranlage und die umgebende Mauern sind in gelb-weiß gestrichen. Wir betreten den Klosterkomplex durch einen Treppenaufgang und gelangen in einen über 8000 qm großen Innenhof, der von Arkaden gesäumt ist. Auf der gegenüberliegenden Seite liegt die Kirche.
Gerade geht wohl eine Prozession zu Ende - wir hören noch die Kapelle und sehen viele indianische Frauen in ihren traditionellen Trachten. Rechts vor der Kirche steht eine Papststatue, die an seinen Besuch hier im Jahre 1993 erinnert. Wir besichtigen jetzt das Innere der Kirche. Später gehen wir noch in die zweite Etage, wo sich die Statue der Lady von Izamal befindet, Königin und Schutzpatronin des heiligen Yucatáns. Von dem Treppenaufgang aus sehen wir die gewaltige Pyramide des Sonnengottes Kinich-Kakmo, die zu den größten in Mexiko zählt (vom Volumen her wohl die größte in der Maya-Welt).
Nach der Führung haben wir noch Zeit für eigene Erkundungen. Ich wandere also weiter durch die Klosteranlage und das Zentrum des Städtchens, das einen eher schläfrigen Eindruck vermittelt. Es passiert hier nicht viel. Aber das einzigartige Stadtbild mit den gelben Häusern ist wirklich sehenswert. Und auch die zahlreichen Pferdekutschen, die man hier überall sieht, und die ein traditionelles Fortbewegungsmittel in Izamal sind. Nach einer Stunde Aufenthalt in diesem Ort geht um 11.30 Uhr unsere Reise weiter.
Wir brauchen eine weitere Stunde Fahrt, um nach Chichen Itza zu kommen, zur wohl berühmtesten Ruinenstätte der Mayas und zugleich zum letzten Höhepunkt unserer Reise. Zunächst machen wir jedoch in Chichen Itza eine einstündige Mittagspause und gehen in einen der zahlreichen Restaurants zum Essen.
Um 13.30 Uhr fahren wir dann nur wenige Minuten zur archäologischen Zone. Auch hier erwartet uns ein großer Eingangsbereich mit einem Informationszentrum, Geschäften, Kassen etc. Diese zu den größten und am besten erhaltenen Ruinenstätten Yucatáns zählende Zone ist gleichzeitig auch die meist besuchte und eine hervorragend restaurierte archäologische Stätte. Es kommen hier vor allem viele Touristen von den Stränden an der Karibikküste. Sie wurde bereits 1988 zur Weltkulturerbe erklärt. UNESCO-Weltkulturerbe
Am Eingang bekommen wir farbige Bändchen um die Handgelenke gebunden, und Markus beginnt mit uns eine 1,5stundige Führung. Obwohl, wie in jeder archäologischen Zone, mit dem Eintrittspreis ein örtlicher Führer bezahlt wird, will Markus selbst die Führung übernehmen, denn nach seiner Auffassung die örtlichen Führer keine Ahnung von der Geschichte haben. Er besteht aber darauf, daß der (bezahlte) Führer die ganze Zeit mit uns geht. Das Wetter hat sich leider nicht geändert. Es bleibt weiterhin bewölkt und mitunter auch relativ kühl.
Kurz hinter dem Eingang haben wir vor unseren Augen schon das wohl bekannteste Bauwerk Chichén Itzá's - die 30 Meter hohe Pyramide von Kukulcán. Wir gehen aber zuerst nach links zum Ballspielplatz. Dieser Ballspielplatz mit seinen Ausmaßen von ca. 91 x 36 m gilt als der größte in ganz Mexiko. Abgegrenzt wird er seitlich durch zwei ca. 8 m hohe Mauern, in deren Mitte sich jeweils auf der Höhe von ca. 7 m ein großer steinerner Ring befindet. Chichen Itza - Pyramide des Kukulcan, West- (links) und Südseite (rechts) Durch ihn mußten die Spieler einen Kautschukball schlagen, ohne Zuhilfenahme von Händen und Füßen, wird in allen Reiseführern geschrieben. Nur Ellbogen, Hüfte und Knie kamen zum Einsatz. Markus sagt aber, daß die Forscher heute der Meinung sind, daß der Ball gar nicht durch den Ring mußte; es wäre mit einem 2,5 Kilo schweren Ball auch kaum möglich gewesen und die Sandsteinringe hätte man dabei sofort zerstört. (Es gibt auch Ballspielplätze ohne diese Ringe). Sie symbolisierten nur den Kreislauf des Lebens und der Wiedergeburt.
Das Spiel selbst, wie uns Markus erzählt, war kein Spiel im heutigen Sinne, sondern ein rituelles Zeremoniell, wie ein Passionsspiel. Es wurde wahrscheinlich die Entstehung des Lebens symbolisch nachgespielt. Die zwei Mannschaften symbolisierten die Gegensätze - die Schöpferwelt und die Unterwelt, der Ball war ein Symbol der laufenden Zeit und deshalb konnte nicht mit Händen gefasst werden (so wie auch die Zeit selbst). Auf Reliefen unterhalb des Rings sehen wir das blutige Ende des Spiels: eine Person aus der Siegermannschaft hält ein Messer und einen Kopf in den Händen. Vor ihr kniet der Enthauptete (wahrscheinlich der Kapitän der Verlierermannschaft) und aus seinem Hals schießen Fontänen von Blut in Form von Schlangen vor. Aber, ob tatsächlich nach dem Spiel jemand geopfert wurde, weiß man heute nicht. Vielleicht soll diese Darstellung nur allegorisch etwas anderes symbolisieren? Zum Schluß sagt uns Markus, der ehemalige Archäologiestudent, daß in Reiseführern häufig Erklärungen und Interpretationen stehen, die längst schon von den Forschern verworfen wurden, aber den Touristen weiter erzählt werden, weil sie diese schon kennen, schön finden und weiter hören wollen.
Vor dem Verlassen des Ballspielplatzes dürfen wir noch, in die Hände klatschend, seine fantastische Akustik testen. Dann gehen wir weiter zur Mauer der Totenköpfe (Tzompantli) herüber. Auf dieser Plattform haben die Tolteken, die Chichen Itza um das Jahr 1000 von den Mayas übernahmen, die Köpfe der den Göttern geopferten Menschen auf die Pfahlspitzen aufgespießt und zur Schau gestellt. Die Mauern der Plattform sind mit unzähligen Schädelreliefs bedeckt.
Jetzt widmen wir uns der Pyramide des Kukulcan, dem El Castillo. Die aus dem 10.-11. Jh. stammende Pyramide trägt den Namen des toltekischen Königs Quetzalcoatl ("Gefiederte Schlange"), in der Maya-Sprache Kukulcan genannt. Er hat mit seinem Volk die Maya-Stätte übernommen und, sie wurde ca. 250 Jahre von Tolteken besiedelt, bevor sie um 1250 von ihren Bewohnern verlassen wurde. Die Pyramide selbst, das wohl beliebteste Fotomotiv Yucatans, ist voller Symbolik. Die neun Plattformen, die zum Tempel hinaufführen, verkörpern die neun Unterwelten der Maya. Auf jeder der vier Seiten führen 91 Stufen hinauf (allerdings erzählt uns Markus, daß eine Seite eine Stufe mehr hat - wer will, kann überprüfen). Zusammen mit dem Tempel auf der obersten Plattform ergibt sich daraus die Zahl 365, also Anzahl der Tage im Jahr. Die an den Seiten angebrachten 52 Platten verkörpern die 52 Wochen des Jahres. Und zweimal im Jahr, zur Tag-Und-Nacht-Gleiche, findet ein mysteriöses Schauspiel statt, zu dem sich Tausende Menschen sammeln: in den Nachmittagsstunden entsteht an der Nordtreppe, die mit Schlangenköpfen endet, ein bewegter Schattenwurf, der den Eindruck erweckt, als ob die Schlangen die Pyramide hinabkriechen würden.
Eine weitere Besonderheit der Pyramide ist eine innere Treppe, die auf einer überlagerten Pyramide zu einem zweiten, überbauten Tempel führt. Man kann die Treppe besteigen, aber die Luft dort ist sehr schwül und stinkig und es gibt nur wenig zu sehen, wie uns Markus aufklärt. Ich verzichte also auf diesen Gang. Wir bleiben einige Zeit an der Pyramide, um die herum sich die meisten der zahlreichen Besucher versammeln. Dann werfen wir noch einen Blick auf den Tempel der Krieger auf der Spitze einer weiteren Pyramide östlich von El Castillo. Oben, vor dem Tempel befindet sich eine berühmte toltekische Chac Mool Skulptur. Man darf zu ihr leider nicht mehr heraufsteigen. Chichen Itza - īKirche` in der Gebäudegruppe Nonnenkloster
Anschließend gehen wir zusammen Richtung Süden. Auf dem Weg vom Hauptplatz zur Südgruppe im Alt-Chichen passieren wir das sog. Grab des Hohenpriesters mit einer kleinen Pyramide und den Tempel Buntes Haus. Wenige Minuten später erreichen wir die Sternwarte - El Caracol - das wohl eigenwilligste Bauwerk von Chichen Itza. Der einzige Rundbau der Maya im nördlichen Yucatan diente vermutlich als ein astronomisches Observatorium. An dieser Stelle endet unsere Führung. Jetzt haben wir Freizeit bis zum Sonnenuntergang für eigene Erkundungen des weitläufigen Geländes.
Ich gehe noch weiter in südliche Richtung, bis ich zu der Gebäudegruppe Nonnenkloster gelange. Diese Bauwerke besitzen sehr schöne Flachreliefs auf den Fassaden. Von hier komme ich über einen bewaldeten Weg hinter der Sternwarte zu einer tiefen Einsturzdoline - der Cenote Xtoloc, die typisch für Yucatan sind. Von hier gelange ich zum südlichen Eingang der archäologischen Zone und gehe dann nach Norden zurück zur Pyramide des Kukulcan. Jetzt erkunde ich noch das Gelände östlich der großen Pyramide, die zum sog. Neu-Chichen gehört. Hier befinden sich u.a. zwei weitere kleinere Ballspielplätze, ein mit hohen Säulen umgebener Markt und ein Dampfbadgebäude. Die interessanteste Bauruine hier ist jedoch die Halle der Tausend Säulen. Auf einem großen Platz befinden sich unzählige, in langen Reihen aufgestellte Pfeiler mit Flachreliefs, die früher die Dachkonstruktion eines gewaltigen Saales trugen.
Nach dem Rundgang durch diesen Teil des Ausgrabungsgeländes kehre ich zum Tempel des Kukulcan zurück. Jetzt ist es an der Zeit, die Pyramide zu besteigen. Über die Westtreppe erklettere ich sie mit etwas Mühe. Dreißig Meter können doch so viel sein. Aber oben angekommen, wird man für die Mühe entlohnt. Man hat von hier aus einen schönen Rundblick über die grüne Ebene des Yucatans. Zwischenzeitlich haben sich die Wolken etwas aufgelockert und verschwinden langsam Richtung Westen. Die untergehende Sonne kommt zum Vorschein. Ich erlebe hier oben einen schönen Sonnenuntergang. Jetzt muß ich aber langsam zum Bus zurückzukehren. Der Abstieg von der Pyramide ist nicht so angenehm, insbesondere wenn man etwas Höhenangst hat. Aber es geht auch gut.
Gegen 17.30 Uhr treffen wir uns alle wieder am Bus vor dem Westeingang und nehmen Abschied von Chichen Itza und damit auch vom letzten Programmpunkt unserer Rundreise. Jetzt fahren wir nach Valladolid, wo wir die letzte Übernachtung haben. Es ist schon dunkel geworden, man sieht nicht viel. In Valladolid angekommen, passieren wir das relativ dunkle Stadtzentrum mit dem Zocalo, und dann fahren wir direkt ins Hotel, das relativ weit vom Zentrum entfernt, am Rande dieser Kleinstadt liegt. Nach ca. 45 Min. Fahrt sind wir schließlich da. Wir werden mit einem Cocktail begrüßt, bekommen die Schlüssel und beziehen unsere Zimmer. Den Rest des Abends verbringe ich im Hotel, denn das Zentrum ist zu Fuß nicht zu erreichen, der Weg dahin würde sowieso durch dunkle, unangenehme Straßen führen, und draußen ist außerdem ziemlich kalt geworden. Stattdessen bereite ich mein Gepäck für den morgigen Rückflug nach Hause und gehe relativ früh schlafen.


15. Tag: So, 30.11.2003
- Valladolid - Cancun - Düsseldorf -

unterwegs zwischen Puebla und Oaxaca - Sonnenuntergang über Sierra Madre Um 8.00 Uhr verlassen wir das Hotel in Valladolid. Bevor ich und noch drei andere Rundreiseteilnehmer zum Flughafen in Cancun gebracht werden, bringen wir alle anderen Gäste, die im Anschluß an die Rundreise einen Badeaufenthalt gebucht haben, zu ihren Strandhotels. Da alle diese Hotels in den Hotelzonen entlang der Karibikküste Mexikos liegen, fahren wir zunächst zu der südlichsten von ihnen in der Nähe von Tulum. Der Weg dahin führt auf schnurgeraden Straßen durch eine eintönnige Landschaft des Yucatans. Eigentlich nur ein dichter und nicht allzu hoher Buschwald ist aus den Busfenstern zu sehen. Es ist zunächst bewölkt, aber je näher wir an die Küste kommen, desto mehr Sonne sich zeigt. Als wir gegen 9.50 Uhr die Küstennähe bei Tulum erreichen, ist hier ein wolkenloser Himmel.
Leider haben wir keine Zeit für einen Extraausflug, um die berühmte archäologische Zone von Tulum zu besuchen. Lediglich sehen wir vom Bus aus die Wegweiser dahin, die Ruinen selbst sind aber nicht zu sehen. Auch die Karibikküste sehen wir nicht. Die Fahrt geht jetzt zwar entlang der Küstenline nach Norden, aber die neue Autobahn, über wir fahren, verläuft einige Kilometer vom karibischen Meer entfernt. Einige Male biegen wir von der Autobahn zu den Hotelzonen ab, um die Mitreisenden in ihre Hotels zu bringen. Diese Hotelzonen machen auf mich einen sehr sterilen Eindruck. Es sind künstlich erbaute Touristenorte, wo keine Einheimischen wohnen. Dafür steht ein Hotel neben dem anderen, und die Zufahrtstraßen sind durch Schlagbäume geschützt. Nur hier den Urlaub verbringend sieht man nichts von Mexiko.
Pünktlich um 12.00 Uhr erreichen wir schließlich den Flughafen von Cancun. Zwischenzeitlich hat sich der Himmel wieder zugezogen. Wir müssen uns jetzt in einer sehr langen Warteschleife zum LTU-Schalter anstellen. Auch unser Reiseleiter Markus fliegt heute weiter, allerdings zu seiner Frau nach Mexiko City. Nach dem Einchecken verbringe ich mit ihm noch etwas Zeit, dann verabschiede ich mich und gehe zu meinem Terminal. Der planmäßige Abflug ist um 14.40 Uhr geplant. Tatsächlich hebt die vollbeladene LTU-Maschine (Airbus A330-200) um 15.00 Uhr ab. Wir fliegen auf einer vom Hinflug etwas abweichenden Flugroute, und zwar nördlich von Kuba, über Key West, dann westlich von Bahamas und über dem Meer entlang der USA-Ostküste. Europa erreichen wir südlich von Irland, dann geht es u.a. über London, Rotterdamm bis wir schließlich nach 9 Stunden und 20 Minuten Flugzeit um 7.21 Uhr morgens in Düsseldorf landen. Damit geht meine erste Reise auf den amerikanischen Kontinent zu Ende. Auf dieser Reise habe ich 10 mexikanische Bundesstaaten bzw. Verwaltungsbezirke bereist (Mexico City, Distrito Federal, Tlaxcala, Puebla, Oaxaca, Chiapas, Tabasco, Campeche, Yucatan und Quintana Roo), eine ganze Menge neuer Erkenntnisse gewonnen und viele tolle Erlebnisse gehabt.

Rundreise "Auf den Spuren der Eroberer" mit Meier's Weltreisen



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